Fränkische Nachrichten, 31.12.2018

Glanzvolle, festliche und ausdrucksstarke Aufführung

Bachs Weihnachtsoratorium mit dem Chor Cappella Nova
Voll besetzte Schlosskirche
Mehrere Minuten lang wurden die Darbietungen vom Publikum ausgiebig beklatscht

Mit einer glanzvollen und festlichen, ebenso ausdrucksintensiven wie ausstrahlungsstarken, dazu von vokalen und instrumentalen Highlights gekrönten Aufführung der ersten drei Teile von Bachs Weihnachtsoratorium feierte Dirigent Karl Rathgeber sein Debut als neuer Leiter des Chors Cappella Nova und wurde dafür von den Zuhörern in der voll besetzten Schlosskirche mehrere Minuten lang ausgiebig gefeiert.

Eingeleitet wurde diese spektakuläre Weihnachtsmusik durch die bekannte Bach-Kantate „Nun komm, der Heiden Heiland“, unterstützt und begleitet wurde der Chor von der Kinder- und Jugendkantorei an der Schlosskirche und vom Bachorchester Würzburg; dazu wirkten vier Gesangssolisten mit, von denen zumindest einer, der international renommierte Oratorien- und Kammersänger Andreas Weller dem hiesigen Publikum von früheren Auftritten her bestens bekannt sein dürfte.

Üblicherweise wird Bachs sechsteiliges Oratorium in zwei getrennten Hälften aufgeführt – in der Schlosskirche standen die ersten drei Teile auf dem Programm, wo – inhaltlich gegliedert durch die Worte des Evangelisten – in einer Folge von unterschiedlich begleiteten Rezitativen und Arien, Turba-Chören und Chorälen die Weihnachtsgeschichte nach Lukas mit dem Bericht von der Geburt Jesu, der Engelsverkündigung und der Anbetung des Erlösers durch die Hirten auf dem Felde der versammelten Gemeinde zur frommen Betrachtung ans Herz gelegt wird.

Was sich Bach dazu alles einfallen ließ, nötigt uns auch in einer gründlich säkularisierten Epoche unvermindert Bewunderung ab: Durch den vielgestaltigen Reichtum der musikalischen Mittel wie durch ihre später nie mehr erreichte Aussagekraft, die Tiefe, den Ernst, die Lauterkeit und Eindringlichkeit, mit der die Weihnachtsbotschaft hier in eine andere, ihr gleichwertig zur Seite stehende Sprache übersetzt wird. Und auch bei Bach muss man suchen, um noch Schöneres zu finden als etwa den festlich glanzvollen Eingangschor der ersten Kantate, das „Ehre sei Gott in der Höhe“ der zweiten, die ergreifenden Altarien besonders der zweiten und dritten Kantate, die Engelsverkündigung des Soprans oder die hochvirtuose Hirtenarie des Tenors – nicht zu vergessen das instrumentale Wunderwerk der Sinfonia in der zweiten. . .

Für eine werk- und stilgerechte Interpretation des Weihnachtsoratoriums standen dem neuen Leiter des Chores Cappella Nova, Prof. Karl Rathgeber, einem erfahrenen Kirchenmusiker, der bis 2011 als Dozent und Rektor der Hochschule für evangelische Kirchenmusik Bayreuth tätig war, zusätzliche das Würzburger Bachorchester zu Verfügung, dessen brillanter, mehr karger als üppiger Klang und dessen sehr agiler und transparenter, in allen wichtigen Stimmen durchhörbarer und barock beredsamer Musizierstil den Charakter der Aufführung wesentlich mitprägte. Schon in der eingangs gespielten Adventskantate BWV 62 erlebte man, getragen von den sehr homogenen zuverlässig und rhythmisch pointiert agierenden Streichergruppen (mit einem feinen Solo der Konzertmeisterin in der Altarie des dritten Teils), den wunderbar plastischen, runden und expressiven Klang der mittig postierten Holzbläser, die später im Oratorium im lyrischen Wechselspiel mit den Gesangssolisten weiter links erneut ihre Klasse bewiesen. Dies alles gekrönt von schlackenlos reinem Trompetenglanz und grundiert vom mächtigem Paukendonner, schon im wahrhaft fulminanten Eingangschor „Jauchzet, frohlocket“.

Klar und ausgewogen (auch mit guter dynamischer Balance zum Bach-Orchester), präsent und präzise in den kontrapunktischen Chören präsentierten sich auch die Sängerinnen und Sänger von Cappella Nova, mit reichem, blühenden Klang in den Chorälen, wobei nicht weiter ins Gewicht fiel, dass der Chor in den Stimmlagen nicht ganz gleichmäßig besetzt ist. Unter Karl Rathgebers Dirigat erhielt eigentlich jede einzelne der insgesamt mehr als dreißig Nummern ihren individuellen, der jeweiligen Botschaft verpflichteten Charakter, mit überaus variablen, zuweilen überraschenden Tempi (so bei der sehr langsam genommenen Idylle der „Sinfonia“ zu Beginn des zweiten Teils) und immer um ein Höchstmaß an sprechender Eindringlichkeit und Textnähe bemüht.

Hochkarätig zusammengestellt war auch das Quartett der vier Gesangssolisten: Franziska Bobe gefiel mit ihrem sehr schlanken, ätherisch leuchtenden Engelsopran, ihre Kollegin Anneka Ulmer (Alt), der hier eine tragende Rolle zufiel, verband in ihren drei Arien innere, von Herzen kommende Bewegung, zärtliche Emotion mit mild leuchtender Stimmkultur, Bassist Martin Schicketanz beeindruckte in den Rezitativen und Arien der Adventskantate und des Oratoriums durch Wohllaut, Virtuosität und vorzügliche Diktion. Alles überstrahlend naturgemäß der „Star“ des Ensembles in Person von Tenor Andreas Weller, dessen Stimme im Vergleich zu früheren Auftritten reifer und etwas schwerer geworden ist, mit einem Glanz wie von lauterem Metall. Als Evangelist schon unübertrefflich (beispielsweise im Bericht von der Ankunft der Hirten in Teil 3) beglückte er zudem mit makellos blitzenden Koloraturen in seinen zwei Arien.

Thomas Hess

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